ÖÄK: Gesundheitsreformen dringend notwendig

28.06.2023

Die Österreichische Ärztekammer hat in einer Pressekonferenz konkrete Vorstellungen und Hintergründe zur Gesundheitsversorgung der Zukunft präsentiert.

Veränderungen seien ein Muss, ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben, sagte Harald Schlögel, geschäftsführender Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer im Rahmen einer Pressekonferenz, in der die wichtigsten Eckpunkte der jüngst beschlossenen Resolution präsentiert wurden. Die Risse und Fehlermeldungen, die das System schon jetzt immer häufiger aufweise, seien entstanden, weil das System jahrelang weder gewartet noch verbessert wurde – obwohl die Ärztekammern schon lange Zeit die Warnleuchten eingeschaltet hätten. Die Finanzausgleichsverhandlungen seien wichtig, um an den richtigen Schrauben zu drehen. Wichtig sei, die Stimmen und Sichtweisen der Ärztinnen und Ärzte mit einzubeziehen: Nötig seien beispielsweise eine vernünftige Patientensteuerung, sinnvolle Investitionen in das Gesundheitssystem, um Ärztinnen und Ärzten das Arbeitsumfeld bieten zu können, dass sie benötigen. Zudem brauche es eine klare Regelung der Finanzierung im Gesundheitswesen, damit die vorhandenen Mittel ohne Reibungsverluste eingesetzt werden und eine Neuorientierung der Medizin, weg von der Reparaturmedizin hin zu einer Fokussierung auf Vorsorge und Prävention. Schlögel mahnte, dass diese Veränderungen schnell geschehen müssten: „Es ist für viele Jahre die letzte Chance für frische Luft und den Wind der Veränderung.“

Klare Strukturen

ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, Harald Mayer, betonte, dass eine vorausschauende Gesundheitspolitik unabdingbar sei, das sei in den vergangenen Jahren nicht gelungen: „Alles, was bei uns gemacht wird, ist reaktiv. Und reagiert wird oft viel zu spät. Wir stopfen lieber die Löcher im System, anstatt sie proaktiv erst gar nicht aufkommen zu lassen. Wir müssen jetzt in Vorleistung gehen, aktive Gesundheitspolitik machen und schauen, dass es künftig keine Lücken mehr bei der Gesundheitsversorgung der Österreicher – insbesondere aufgrund des Personalmangels bei Ärzten und in der Pflege – gibt.“ Der Weg des Patienten müsse von der Politik klar vorgegeben werden: Zuerst zum niedergelassenen Arzt, wenn möglich auch digital. Mayer betonte zudem, dass die Ausbildung eine zentrale Aufgabe der Ärzteschaft sei und die Politik dafür sorgen solle, dass die notwendige Zeit und die damit verbundenen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Dafür notwendig seien mindestens ein Ausbildungsoberarzt pro Abteilung, an der ausgebildet werde sowie klare Strukturen bei der Ausbildung, die auch strikt eingehalten werden. „Außerdem muss es wieder Visitationen der Ausbildungsabteilungen unter Leitung der ÖÄK geben. Eine jährliche Ausbildungsevaluierung machen wir ohnehin schon“, sagt Mayer. Dass die Verbesserungen mit Mehrkosten verbunden seien, müsse allen klar sein: „Unseren Berechnungen zufolge bräuchten wir für alle genannten Schritte eine Aufstockung des Budgets für den spitalsambulanten sowie stationären Bereich von jährlich 5,3 Mrd. Euro. Das entspricht rund zehn Prozent der Gesundheitskosten. Das sollten uns unsere Gesundheit und die Versorgung in den Spitälern schon wert sein“, sagte Mayer.

Kassenmedizin modernisieren

Die Gesundheitsversorgung der Zukunft müsse viel stärker weg von der Reparaturmedizin, hin zur Vorsorgemedizin. Den Fokus auf die Vorsorge zu legen, würde sich langfristig rechnen: „Da geht es nicht nur um die gesunden Lebensjahre jedes Einzelnen, sondern auch um wirtschaftliche Aspekte, immerhin hat jeder Arbeitgeber mehr von einem gesunden Arbeitnehmer und jedes Gesundheitssystem profitiert davon, weil die Kosten für teure Medikamente und teure medizinische Therapien aufgrund von sinnvollen Vorsorgeprogrammen geringer ausfallen“, betonte er. Außerdem sei eine Bearbeitung des Leistungskatalogs und der Honorierung notwendig. So müssten Deckelungen und Degressionen abgeschafft werden, um dem Kassenärztemangel entgegenzuwirken. Es sei angesichts der derzeitigen Situation nicht überraschend, dass es genau in den Fächern, in denen der persönliche Kontakt und die individuelle Beratung extrem wichtig seien – wie die Gynäkologie oder die Kinder- und Jugendheilkunde – Lücken in der kassenärztlichen Versorgung gebe: „Eine Reform der Leistungen ist zwingend notwendig, denn individuelle Beratung, Gesprächsmedizin und die Vorsorge müssen endlich aufgewertet werden“, resümierte Wutscher. Auch bei den Kassenverträgen sehe er dringenden Handlungsbedarf: „Flexibilität ist der Schlüssel zum Erfolg, ärztliche Zusammenarbeitsformen müssen einfacher und unbürokratischer werden und auch die Rahmenbedingungen für Primärversorgungseinheiten – die gerade in Ballungsgebieten sehr zu begrüßen sind – sollten weniger starr sein“. Würde an diesen Schrauben gedreht werden, dann würde der Erfolg nicht lange auf sich warten lassen, so Wutscher: „Ich bin optimistisch und hoffe, dass die Kasse einsieht, dass neue Wege beschritten werden müssen.

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