Sozialversicherungsfragen

Poolgeld und Einkünfte aus ärztlichen Nebentätigkeiten

Angestellte ÄrztInnen

ÄrztInnen, die in einem Dienstverhältnis (privat- oder öffentlich-rechtlicher Natur) zu einer Krankenanstalt stehen, sind als DienstnehmerInnen im Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) bzw. den entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften kranken-, unfall- und pensionsversichert. Die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge werden vom Dienstgeber direkt im Zuge der Lohnverrechnung abgeführt.

Bezug von Poolgeldern

Alle angestellte ÄrztInnen (auch TurnusärztInnen), die im Rahmen ihrer Tätigkeit im Krankenhaus neben ihrem Angestelltengehalt auch Poolgelder beziehen, unterliegen hinsichtlich dieser Einkünfte grundsätzlich der Pflichtversicherung nach dem Sozialversicherungsgesetz der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen (FSVG), da die Behandlung von SonderklassepatientInnen gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 FSVG eine freiberufliche Tätigkeit darstellt. Da in Tirol Entgelte der ÄrztInnen für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse (einschließlich ambulatorischer Behandlung) von der Krankenanstalt nicht im eigenen Namen vereinnahmt werden, handelt es sich bei diesen Einkünften um selbständige Einkünfte gemäß § 22 Z. 1 lit. b EStG 1988.

Umfang der Pflichtversicherung

Die FSVG-Pflichtversicherung für ÄrztInnen besteht in der Pensionsversicherung und der Unfallversicherung (die Leistungszuständigkeit liegt bei der AUVA).

Mehrfachversicherung

Da der Bezug von Poolgeldern die Pflichtversicherung nach dem FSVG begründet, sind ÄrztInnen, die in einem Dienstverhältnis als angestellter Arzt/angestellte Ärztin stehen - sofern sie Sonderklassegelder beziehen - in der Pensionsversicherung und in der Unfallversicherung grundsätzlich „mehrfach" versichert, nämlich als Angestellte(r) (ASVG) und als Freiberufler(in) (FSVG).

Das bedeutet, dass neben den ASVG-Beiträgen aufgrund des Dienstverhältnisses auch Pensions- und Unfallversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVS) anfallen. 

Für die Entrichtung der SVS-Beiträge ist der Arzt/die Ärztin selbst verantwortlich, da - wie bereits ausgeführt - Einkünfte aus der Behandlung von SonderklassepatientInnen nicht Gehaltsbestandteil sind, sondern Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit darstellen.

Zur Beschränkung der Beitragspflicht bzw. zur Vermeidung von zu hohen Vorauszahlungen sollten mehrfachversicherte ÄrztInnen eine Arbeits- und Entgeltbestätigung an die SVS übermitteln. Die Beiträge werden dann vorläufig so festgesetzt, dass die höchstmöglichen Pensionsbeiträge zur Sozialversicherung (20% der Höchstbeitragsgrundlage von € 7.070,00 monatlich - € 84.840,00 jährlich - (Wert 2024)) nicht überschritten werden.

Das heißt mit anderen Worten: Wenn bei der SVS eine Arbeits- und Entgeltbestätigung vorliegt, ist nur die Differenz zwischen Angestelltengehalt und Höchstbeitragsgrundlage bei der SVS versicherungspflichtig. Übermittelt der Arzt/die Ärztin diese Bestätigung nicht und hat er/sie aufgrund der mehrfachen Beitragszahlung Beiträge über der Höchstbeitragsgrundlage entrichtet, wird nach der endgültigen Feststellung der FSVG-Beitragsgrundlage der Mehrfachversicherungsabgleich von Amts wegen durchgeführt (mit Gutschrift der Beiträge über der jährlichen Höchstbeitragsgrundlage).

Ausnahmen von der Pflichtversicherung

Bei der sogenannten Mehrfachversicherung kann es in bestimmten Fällen zu einer Ausnahme bzw. Befreiung von der gesetzlichen Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung kommen:

  • Es besteht ein Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft (z.B. Bund, Land, Gemeinde) mit Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenuss. Unter diese Ausnahmebestimmung fallen z.B. UniversitätsprofessorInnen mit Beamtenstatus.
     
  • Geringfügige Erwerbstätigkeit 
    Bei geringfügiger Erwerbstätigkeit (jährlicher Umsatz maximal € 35.000,00 und jährliche Einkünfte maximal € 6.221,28 (Wert 2024)) kann die Ausnahme von der Pensionsversicherung (nicht von der Unfallversicherung!) beantragt werden, sofern in den letzten 60 Kalendermonaten nicht länger als 12 Kalendermonate Pflichtversicherung bei der SVS bestanden haben. Das entsprechende Formular für die Beantragung der Ausnahme von der Pflichtversicherung ist auf der Homepage der SVS abrufbar. Die Ausnahme wegen Geringfügigkeit beginnt frühestens mit Beginn des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt und die Voraussetzungen glaubhaft gemacht wurden. Geringfügigkeitsgrenze 2024: € 518,44 monatlich.

    Zu beachten ist, dass die Ausnahme von der Pflichtversicherung rückwirkend wegfallen kann, wenn sich anhand des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Beitragsjahr ergibt, dass die tatsächlich erzielten Umsätze bzw. Einkünfte die genannten Grenzbeträge überschreiten. Hier kann es zu einer Beitragsnachforderung durch die SVS kommen. 
     
  • Erreichen der Höchstbeitragsgrundlage 
    Sollte das monatliche Brutto-Einkommen (inkl. Dienste, Zulagen,…) aus dem Angestelltendienstverhältnis € 7.070,00 (Wert 2024) überschreiten, sind keine Beiträge an die SVS zu bezahlen. Bei entsprechend hohen Einkünften aus dem Dienstverhältnis kann sich also eine nur minimale oder gar keine Beitragspflicht zur FSVG-Pensionsversicherung ergeben. 

    Hier ist allerdings zu beachten, dass es unter Umständen trotzdem zu Vorschreibungen der SVA kommen kann, wenn das laufende Bruttogehalt (inkl. Nachtdienste, Zulagen, Überstunden etc.) zwar über der Höchstbeitragsgrundlage liegt, aber man im 13. und 14. Bezug (ohne Nachtdienste, Zulagen etc.) unter die Höchstbemessung fällt. In diesem Fall sind dann für die Sonderzahlungen (13. und 14. Gehalt) Versicherungsbeiträge zu leisten (Sonderzahlungen sind im Kalenderjahr bis zu einem Höchstbetrag von € 12.120,00 (Wert 2024) beitragspflichtig).

Von der mehrfachen Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gibt es keine Ausnahme (auch nicht bei geringfügiger Tätigkeit). Unabhängig von den monatlichen Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit (z.B. Bezug von Poolgeldern) fällt daher der Beitrag für die Unfallversicherung (2024: € 34,05 pro Quartal) sowohl für das Dienstverhältnis (zahlt der Dienstgeber) als auch für die freiberufliche Tätigkeit (z.B. Poolgeld für die Mitwirkung an der Behandlung von SonderklassepatientInnen) an.

Beiträge

Pensionsversicherungsbeiträge 

Der monatliche Beitrag zur FSVG-Pensionsversicherung wird wie folgt berechnet.

Beitragsgrundlage x Beitragssatz = monatlicher Beitrag

Die endgültige Beitragsgrundlage wird anhand des Einkommensteuerbescheides ermittelt.


Unfallversicherungsbeiträge 

Der Beitrag für die Unfallversicherung ist unabhängig von der Höhe der Einkünfte aus der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit und somit für alle ÄrztInnen gleich hoch. Die Beiträge werden quartalsweise vorgeschrieben und betragen im Jahr 2024 € 34,05 pro Quartal (= € 136,20 p.a. bzw. € 11,35 p.m.).

Die Beiträge an die SVS stellen im Jahr der Zahlung eine steuerlich absetzbare Betriebsausgabe dar.

Beginn und Ende der Pflichtversicherung

Die Pflichtversicherung beginnt mit dem Ersten des Kalendermonats, in dem die freiberufliche Tätigkeit (z.B. Behandlung von SonderklassepatientInnen) aufgenommen wird und endet mit dem Letzten des Monats, in dem die Tätigkeit eingestellt wird. Auch für den Zeitraum des Ruhens der ärztlichen Tätigkeit (z.B. bei Inanspruchnahme einer Karenz) besteht keine Pflichtversicherung.

Wie erlangt die SVS von der Erzielung ärztlicher Sondergebühren Kenntnis?

Grundsätzlich sind ÄrztInnen, die noch nicht der FSVG-Pflichtversicherung unterliegen, verpflichtet, den Bezug von Sondergebühren binnen eines Monats der SVS zu melden. Für die Versicherungserklärung ist ein bei der SVS erhältliches Formular zu verwenden.

Unabhängig davon leitet auch die Ärztekammer für Tirol jede Meldung über die Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft/Landesstelle Tirol weiter.

Schließlich kann die SVS auch über eine Mitteilung des Finanzamtes Kenntnis von der Ausübung einer freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit (z.B. Behandlung von SonderklassepatientInnen) erlangen.

Zu beachten ist, dass es mitunter auch zu nachträglichen Beitragsforderungen durch die SVS kommen kann, wenn diese erst später Kenntnis von der Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit erlangt hat.

Ärztliche Nebentätigkeiten von angestellten ÄrztInnen

Der Pflichtversicherung nach dem FSVG unterliegen neben der Behandlung von Sonderklassepatienten auch alle weiteren Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit, die nicht als Gehaltsbestandteil aus einem Anstellungsverhältnis erzielt werden (Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit).

Hiezu zählen insbesondere Einkünfte aus

  • Praxisvertretungen,
  • Konsiliartätigkeit,
  • notärztlicher Tätigkeit auf Honorarbasis,
  • sonstigen ärztlichen Tätigkeiten, die auf Honorarbasis entlohnt werden.

Nach dem Ärztegesetz ist die Aufnahme und Beendigung einer ärztlichen Nebentätigkeit der Ärztekammer für Tirol binnen einer Woche schriftlich zu melden. Die Meldung über die Aufnahme einer ärztlichen Nebentätigkeit wird von der Ärztekammer für Tirol an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol, weitergeleitet.