Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Der Nationalrat hat erstmals ein Patientenverfügungsgesetz beschlossen. Dieses Gesetz trat mit 1.6.2006 in Kraft. Das Patientenverfügungsgesetz richtet sich sowohl an jene Ärzte, die bei der Errichtung einer Patientenverfügung beteiligt sind, als auch an alle behandelnden Ärzte.

 

Was ist unter einer Patientenverfügung zu verstehen?

Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung, mit der ein Patient eine medizinische Behandlung ablehnt. Die Patientenverfügung wird dann wirksam, wenn der Patient im Zeitpunkt der Behandlung nicht entscheidungsfähig ist.

Eine Patientenverfügung ist ein höchstpersönliches Recht eines Menschen und darf daher nicht von einem Stellvertreter (auch nicht von einem Sachwalter) errichtet werden. Sie kann auch vom Errichter jederzeit formlos widerrufen werden.

 

Was kann nicht Inhalt einer Patientenverfügung sein?

Der Wunsch nach aktiver direkter Sterbehilfe kann nicht Teil einer Patientenverfügung sein. Die bestehenden strafrechtlichen Grenzen werden durch das vorliegende Gesetz nicht verändert. Der Arzt soll auch nicht über den Umweg einer Patientenverfügung zur Mitwirkung am Selbstmord verhalten werden können. Gleiches gilt für die strafrechtlich verpönte Tötung auf Verlangen.

Das Gesetz unterscheidet zwischen:  Verbindlichen Patientenverfügungen und anderen Patientenverfügungen

Beide Formen müssen von Ärzten bei der Behandlung als ausdrücklich dokumentierter Wille eines nicht mehr kommunikationsfähigen Patienten beachtet werden. Die schon bisher erstellten Patientenverfügungen bleiben in der Regel als "andere Patientenverfügungen" in Geltung.

 

Andere Patientenverfügungen

Die andere Patientenverfügung entspricht zwar nicht den Formerfordernissen der verbindlichen Patientenverfügung, gilt jedoch trotzdem als Richtschnur für das Handeln des Arztes und muss in seine Entscheidungsfindung einfließen. 
Grundsatz: Je klarer die Maßnahmen in einer Patientenverfügung beschrieben sind auf die ein Patient verzichten möchte, desto mehr nähert sich die andere Patientenverfügung der verbindlichen Patientenverfügung an und ist vom Arzt einzuhalten.

 

Verbindliche Patientenverfügung

Die verbindliche Patientenverfügung wird auf Grund sehr strenger Kriterien erstellt. Verbindlich bedeutet, dass sich der behandelnde Arzt an die Verfügung halten muss, außer es liegt ein vom Gesetz definierter Grund vor, der die Wirksamkeit der Patientenverfügung ausschließt (siehe weiter unten).

Voraussetzung für die Erstellung einer verbindlichen Patientenverfügung ist, dass die abgelehnte Maßnahme ganz konkret beschrieben wird, und dass der Patient auf Grund eigener Erfahrung die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzen kann. Sie muss schriftlich nach Aufklärung durch einen Arzt unter Angabe des Datums vor einem Anwalt, einem Notar, einem rechtskundigen Mitarbeiter der Patientenvertretung oder einem rechtskundigen Mitarbeiter des Erwachsenenschutzvereins errichtet werden. 
Die verbindliche Patientenverfügung gilt für 8 Jahre. Sie kann durch eine entsprechende ärztliche Aufklärung erneuert werden, wodurch die Frist von 8 Jahren oder eine vom Patient kürzer bestimmte Frist neu zu laufen beginnt.

 

Aufgaben des Arztes bei der Erstellung einer verbindlichen Patientenverfügung

Aufklärung und Information 

Der Arzt muss den Patienten in einer für den medizinischen Laien verständlichen Form informieren. Das Patientenverfügungsgesetz fordert als inhaltliche Voraussetzung einer Patientenverfügung, dass der Patient über das Wesen und die Folgen einer Patientenverfügung für die medizinische Behandlung (gesundheitliche Folgen bei Unterlassung der Behandlung, Behandlungsalternativen usw.) ärztlich aufgeklärt wird. Der Arzt hat auch darzulegen, dass und aus welchen Gründen der Patient die Folgen der Patientenverfügung zutreffend einschätzt. 
Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich die Patientenverfügung auf eine Behandlung einer Krankheit bezieht, an der der Patient selbst oder ein naher Angehöriger (Ehegatte, Lebensgefährte oder Personen, die mit ihm oder seinem Ehegatten in gerader Linie verwandt oder verschwägert sind) leidet oder gelitten hat. Die zutreffende Einschätzung der Folgen der Patientenverfügung kann sich aber auch aus vergleichbaren Umständen ergeben, etwa wenn der Patient selbst über lange Zeit mit bestimmten Krankheitsbildern beruflich zu tun hatte und für sich selbst eine solche Behandlung nicht will oder wenn er bestimmte Behandlungsmethoden aus religiösen Gründen ablehnt. 
Zu allgemeine Formulierungen, wie das Verbot eines „menschenunwürdigen Daseins", der Wunsch nach der Unterlassung einer „risikoreichen Operation", der Ablehnung einer „künstlichen Lebensverlängerung" oder das Verlangen nach einem „natürlichen Sterben", werden aber zu unbestimmt sein.

 

Beurteilung der Entscheidungsfähigkeit

Der aufklärende Arzt hat den gesamten Vorgang und Inhalt der Aufklärung sowie das Vorliegen der Entscheidungsfähigkeit des Patienten unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren.

 

Weiters ist zu beachten

Über die rechtlichen Folgen einer Patientenverfügung hat den Patienten ein Notar, ein Rechtsanwalt, die Patientenvertretung oder ein rechtskundiger Mitarbeiter eines Erwachsenenschutzvereins aufzuklären. Auf die ärztliche Aufklärung kann der Patient bei Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung nicht verzichten.

 

Dokumentation 

Der aufklärende und der behandelnde Arzt haben Patientenverfügungen in die Krankengeschichte oder, wenn sie außerhalb einer Krankenanstalt errichtet werden, in die ärztliche Dokumentation aufzunehmen. Stellt ein Arzt im Zuge einer Aufklärung zur Erstellung einer Patientenverfügung fest, dass der Patient nicht über die zur Errichtung einer Patientenverfügung erforderliche Entscheidungsfähigkeit verfügt, so wäre dies, gegebenenfalls im Rahmen der Krankengeschichte, zu dokumentieren.
Sobald die technische Verfügbarkeit in ELGA gegeben ist, ist vorgesehen, dass Patientenverfügungen in ELGA zur Verfügung gestellt werden. Derzeit besteht noch keine Verpflichtung und auch noch keine technische Möglichkeit der Speicherung von Patientenverfügungen in ELGA.

 

Notfälle

Das neue Patientenverfügungsgesetz lässt die medizinische Notfallversorgung unberührt, sofern der mit der Suche nach einer Patientenverfügung verbundene Zeitaufwand das Leben oder die Gesundheit von Patienten ernstlich gefährdet.

 

Gültigkeitsdauer der verbindlichen Patientenverfügung 

Eine Patientenverfügung verliert nach Ablauf von 8 Jahren ab der Errichtung ihre Verbindlichkeit, sofern der Patient nicht eine kürzere Frist bestimmt hat. Sie kann durch entsprechende ärztliche Aufklärung erneuert werden. Eine Änderung oder eine Ergänzung entspricht einer Erneuerung, das heißt, dass auch in diesen Fällen die Frist von acht Jahren neu zu laufen beginnt. Eine Patientenverfügung verliert nicht ihre Verbindlichkeit, solange der Patient sie mangels Entscheidungsfähigkeit nicht erneuern kann.

 

Wann verlieren beide Arten der Patientenverfügung ihre Wirksamkeit?

Sowohl verbindliche als auch andere Patientenverfügungen verlieren ihre Wirksamkeit,

  • wenn sie nicht frei und ernstlich erklärt oder durch List, Irrtum, Täuschung oder physischen und psychischen Zwang veranlasst wurde
  • ihr Inhalt strafrechtlich nicht zulässig ist
  • oder der Stand der medizinischen Wissenschaft sich im Hinblick auf den Inhalt der Patientenverfügung seit ihrer Einrichtung wesentlich geändert hat
  • der Patient die Patientenverfügung widerruft oder zu erkennen gibt, dass sie nicht mehr wirksam sein soll.

 

Honorierung

Die Tätigkeit des Arztes im Zusammenhang mit der Erstellung einer Patientenverfügung ist eine Privatleistung und es kann daher mit dem Patienten ein Honorar frei vereinbart werden. Die Österreichische Ärztekammer empfiehlt für die ärztliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Erstellung einer Patientenverfügung einen Tarif von € 120 pro angefangener halben Stunde.

Folgende Dokumente können Sie als PDF downloaden:

 

Vorsorgevollmacht 

Weitere Informationen zur Vorsorgevollmacht finden Sie hier.