Nach § 54 Abs. 4 ÄrzteG ff ist die Ärztin/der Arzt zur Anzeige an die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft verpflichtet, wenn sich in Ausübung der beruflichen Tätigkeit der begründete Verdacht ergibt, dass durch eine gerichtlich strafbare Handlung
(5) Eine Pflicht zur Anzeige nach Abs. 4 besteht nicht, wenn
(6) Weiters kann in Fällen des Abs. 4 Z 2 die Anzeige unterbleiben, wenn sich der Verdacht gegen einen Angehörigen (§ 72 StGB) richtet, sofern dies das Wohl des Kindes oder Jugendlichen erfordert und eine Mitteilung an die Kinder- und Jugendhilfeträger und gegebenenfalls eine Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung an einer Krankenanstalt erfolgt. In den Fällen einer vorsätzlich begangenen schweren Körperverletzung hat die Ärztin/der Arzt auf bestehende Opferschutzeinrichtungen hinzuweisen.
Anmerkung:
Während der Tod oder die Vernachlässigung von geistig Behinderten noch aus dem eigenen Wahrnehmungshorizont des Arztes beurteilt werden kann, ist die schwere Körperverletzung ein juristischer Terminus technicus.
Die schwere Körperverletzung grenzt sich von der sogenannten leichten Köperverletzung folgendermaßen ab: Eine schwere Körperverletzung ist dann gegeben, wenn die Tat eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder eine Berufsunfähigkeit zur Folge hat, oder die Tat an sich schwer ist. An sich schwer ist eine Körperverletzung dann, wenn ein wichtiges Organ oder Körperteil betroffen und der Heilungsverlauf ungewiß ist. Als schwer wurde von der Judikatur eingestuft: Brüche großer Knochen, Verlust von Zähnen, Knochenabsprengung eines Halswirbels kleinsten Umfangs, Gehirnerschütterung mit Bewusstlosigkeit und retrograder Amnesie, Verlust der Zeugungsfähigkeit, et cetera. In Zweifelsfällen ist es ratsam, mit Juristen, zum Beispiel jenen der Rechtsabteilung der Ärztekammer für Tirol, Rücksprache zu halten.