FAQ – Gesundheitsreform Auswirkungen für niedergelassene Ärzte

Es liegt ein Vorschlag in Form eines Gesetzespaketes vor, das die strukturelle Gestaltung der medizinischen kassenärztlich dominierten Versorgungslandschaft umgestalten wird. Neben berufsrechtlichen Änderungen sind auch sozialversicherungsrechtliche Änderungen vorgesehen. Das Hauptrechtfertigungsargument der Bundesregierung für die Maßnahmen ist die Verbesserung der Patientenversorgung.

 

Stellenplan

  • In Zukunft regelt der Regionale Strukturplan Gesundheit (RSG, Beteiligung ausschließlich Land Tirol und ÖGK) die regionale Verortung sowie die Kapazitäten im niedergelassenen Bereich. Der Ärztekammer für Tirol kommt ein Stellungnahmerecht vor Beschlussfassung in der Landeszielsteuerungskommission (LZK) vor.
  • Formal ist für die Ausschreibungen in Zukunft die ÖGK zuständig. Die Ärztekammer für Tirol ist hinsichtlich der konkreten Reihung der Bewerber eingebunden.
  • Bei zweimaliger erfolgloser Ausschreibung einer Kassenstelle können die SV-Träger bis zum Abschluss eines Einzelvertrages Sondervereinbarungen abschließen. Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt dieser Verträge, lediglich hinsichtlich Öffnungszeiten und Berufssitz sind abweichende Regelungen zulässig. Wird der Arzt im Rahmen eines Ärztebereitstellungsdienstes tätig, können auch ergänzende oder abweichende Regelungen hinsichtlich der Honorierung getroffen werden. 


Vertragspartnerrecht

  • Die Kündigung des Einzelvertrages mit einer Kasse bedeutet automatisch die Kündigung aller Kassenverträge.
  • Bei Gruppenpraxen sind vermehrt Tagesrandzeiten sowie Wochenenden-/ bzw. Nachtzeiten abzudecken.
  • Sondereinzelverträge zum Einzelvertrag sind auch ohne Zustimmung der Ärztekammer möglich. Werden derartige Verträge abgeschlossen, entfällt der kollektive Schutz und auch die Verantwortung der Ärztekammer für Tirol.


Bundesweit einheitlicher Leistungskatalog

Der Entwurf des Zielsteuerungsgesetzes sieht die Herstellung einheitlicher Leistungskataloge (=ELK) je Träger vor. Während die BVAEB und die SVS im Zuge der Gesundheitsreform bereits je einen einheitlichen Leistungskatalog umgesetzt haben, steht das für die ÖGK noch aus. Die Umsetzung des ELK für die ÖGK impliziert den Wegfall der Honorarordnung für die ÖGK-Tirol und deren Ersatz durch ein neues österreichweites harmonisiertes Leistungssystem. Wie der ELK inhaltlich gestaltet werden wird, ist noch nicht bekannt. Klar ist, dass sich auch die Kostenerstattung für wahlärztliche Leistungen an die Patientinnen und Patienten an die Vorgaben der ÖGK und den dann neuen ELK orientieren wird.


Digitalisierung

  • Es gilt der Grundsatz „digital vor ambulant vor stationär“. Der Ausbau Digitaler Services wird auch im niedergelassenen Bereich vorangetrieben.
  • Dieser Grundsatz wird bei der Patientenlenkung sowie bei Datenlieferung verstärkt forciert.
  • ELGA-Speicherverpflichtung für Labor und Radiologie ab 1.7.2025.
  • Bei Verstößen gegen ELGA-Verpflichtungen sind nun Verwaltungsstrafen vorgesehen.


Qualitätssicherung

  • Die Selbstevaluierung bleibt wie bisher durch die ÖQMed bestehen. Allerdings findet die (stichprobenartige) Überprüfung durch eine Gesellschaft des Bundes, und zwar durch die BIQG, statt. Diese hat umfassende Kompetenzen und hat insbesondere bei Verstößen Anzeigen an die Disziplinarbehörden bzw. Bezirksverwaltungsbehörden zu erstatten.


Ambulatorien

  • Eigene Einrichtungen der Sozialversicherungen werden Vertragsärzten sowie –gruppenpraxen gleichgestellt. Allerdings wurde eine Bestimmung aufgenommen, wonach beim Abschluss von solchen Verträgen durch die Krankenversicherungsträger sicher zu stellen ist, dass durch den Vertragsabschluss die Vielfalt der Anbieter gewahrt werden muss und keine die Versorgungssituation beherrschende Eigentümerstruktur entsteht.
  • Die Ärztekammer hat keine Parteistellung und keine Anfechtungsmöglichkeit mehr im Bedarfsprüfungsverfahren.


Einheitliche Leistungsdokumentation - Verpflichtende Leistungscodierung

  • Das Zielsteuerungsgesetz sieht eine unabhängige und sektorenübergreifende Qualitätssicherung vor. Als Voraussetzung dafür wird eine verpflichtende einheitliche Dokumentation von Diagnosen im gesamten niedergelassenen Bereich erachtet.
  • Der Entwurf des § 51 Abs 1a ÄrzteG konkretisiert das bereits und verpflichtet alle Ärzte und Ärztinnen, für die Diagnosedokumentation eine noch zu verordnende Klassifikation anzuwenden, deren genaue Form vom Gesundheitsminister bekanntgemacht wird. Die verpflichtende einheitliche Diagnosedokumentation ist damit auch für Wahlärztinnen und Wahlärzte vorgesehen. 


Zusätzlich betrifft die Gesundheitsreform Wahlärzte in folgenden speziellen Bereichen:

  • Pflicht zur Ausstattung aller – auch wahlärztlicher - Ordinationen mit e-card und ELGA-Schnittstelle

Berufsrechtlich soll ab 1.1.2026 die Pflicht zur Verwendung des e-card-Systems, zur Herstellung einer ELGA-Anbindung und des eImpfpasses durch jede freiberuflich tätigen Ärztin bzw. jeden freiberuflich tätigen Arzt eingeführt werden (§ 49 ÄrzteG). Weiters ist die Verpflichtung aller freiberuflich tätigen Ärztinnen und Ärzte zur Erhebung und Speicherung von ELGA-Gesundheitsdaten in ELGA vorgesehen. Das setzt natürlich die Ausstattung der Ordinationen mit diesen Komponenten voraus.

Von diesen berufsrechtlichen Pflichten sollen bestimmte Ärztegruppen ausgenommen werden und zwar

  • Gutachter/Gutachterinnen,
  • Arbeitsmediziner/Arbeitsmedizinerinnen,
  • Wohnsitzärzte/Wohnsitzärztinnen, jedoch von diesen ausgenommen solche, die Vertretungstätigkeiten in Ordinationen verrichten,
  • Ärztinnen und Ärzte, für die die dafür notwendige Ausstattung einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutet.

Auch Wahlärztinnen und Wahlärzte sind verpflichtet, die die e-card-Infrastruktur für Zwecke der Sozialversicherung zu verwenden, und eine Identitätsprüfung des Patienten durchzuführen sowie die rechtmäßige Verwendung der e-card zu prüfen (Entwurf § 31a Abs 7a ASVG). Der Entwurf des § 135 Abs 3 ASVG beinhaltet als Pendent dazu eine Vorlagepflicht der e-card durch die Patienten.

  • Pflicht zur elektronischen Honorarnoten-Übermittlung an ÖGK

Die Leistung der Kostenerstattung, der Kostenersätze und der Kostenzuschüsse an den Patienten wird an die elektronische Übermittlung der bezahlten Honorarnoten durch die Ärztin bzw. den Arzt geknüpft. Für die Übermittlung ist die Zustimmung des Patienten notwendig. Die Honorarnoten müssen dafür einem von der Sozialversicherung vorgegebenen Datensatz entsprechen. Was in Tirol seit vielen Jahren mittels WAHonline auf freiwilliger Basis für die nicht-vertragsärztlichen Ordinationen möglich ist, wird verpflichtend vorgesehen. Ob der Datensatz jenem, der in WAHonline verwendet wird, entspricht, ist noch nicht bekannt.

Der Entwurf des § 32b Abs 2 ASVG enthält eine Ausnahme von der Übermittlungspflicht für jene, denen dies nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

Die Bestimmung soll auf nicht-vertragsärztliche Honorarnoten anzuwenden sein, die für ab dem 1.7.2024 erbrachte Leistungen ausgestellt wurden.

Die Übermittlungspflicht der Honorarnoten an die Kasse durch den Nicht-Vertragsarzt berührt derzeit den grundsätzlichen Anspruch des Patienten auf eine Kostenerstattung gem. § 131 ASVG nicht. Das gilt den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf zufolge sowohl in jenen Fällen, in denen der Patient keine Zustimmung zur elektronischen Übermittlung der Honorarnote erteilt hat als auch in jenen Fällen, in denen keine Übermittlung erfolgt ist.