Als bedenklich bezeichnet Artur Wechselberger, Präsident der Ärztekammer für Tirol, die Vorgänge um die Gestaltung des Regionalen Strukturplans Gesundheit 2025 (RSG 2025).
Wer sich beim Vorstoß des Landes zur Schließung der Sonderkrankenanstalt Natters und der Kinderabteilung im Bezirkskrankenhaus St. Johann handfeste, schlüssige und geprüfte Gründe erwartet hatte, wurde rasch eines Besseren belehrt. Statt Sachargumenten blieben eine Unzahl offener Fragen: medizinisch, ökonomisch, baulich, infrastrukturell und personell.
Was die Führung der tirol kliniken jetzt in Arbeitsgruppen für ihren Bereich klären will, ließ auch im Bezirkskrankenhaus St. Johann die Köpfe der Eigentümervertreter - der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Bezirks-Krankenhausverbandes - rauchen. Schließlich droht ihnen, im Rahmen der Strukturbereinigung ihre Kinderabteilung schließen zu müssen. Nach ersten Protesten gegenüber den Landesplänen bezogen sie letztlich klar Position: Von einer Schließung der Kinderabteilung könne derzeit keine Rede sein! Schließlich zeichnet der Verband für ein wirtschaftlich positiv gebarendes Krankenhaus verantwortlich. Somit zieht dort – anders als bei den tirol kliniken - nicht einmal das Argument eines budgetären Abgangs.
Auch eine kinderärztliche Überversorgung kann als Begründung nicht gelten. Steht doch nur ein Kinderarzt mit Kassenverträgen für den gesamten Bezirk Kitzbühel zur Verfügung. Zudem rechtfertigt eine Geburtenstation mit 700 Geburten pro Jahr den Erhalt der ausgezeichnet funktionierenden pädiatrischen Abteilung. Ganz zu schweigen von der bundesländerüberschreitenden Versorgung von Kindern und Jugendlichen aus dem angrenzenden Pinzgau. Insgesamt 2000 stationäre Patienten und etwa 4000 ambulante Patientenkontakte belegen das Versorgungsausmaß der Abteilung. „Eine Schließung der Kinderabteilung im Krankenhaus St. Johann würde die fachärztliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen in einer ganzen Region vorsätzlich gefährden", warnt der Vizepräsident der Ärztekammer für Tirol, Klaus Kapelari, selbst Oberarzt an der Kinderklinik in Innsbruck, vor unüberlegten Schnellschüssen.
Ein weiteres Zeichen planungspolitischer Kurzsichtigkeit spricht der Vertreter der Spitalsärzte in Tirol, Kurienobmann Dr. Ludwig Gruber, an. Ihm fehlt in der Diskussion gänzlich der Blick auf die Ausbildung von Jungärztinnen und Jungärzten. „Die Zerschlagung von Versorgungsstrukturen in Natters und St. Johann gefährdet nachhaltig die Ausbildung des allgemeinmedizinischen, lungenärztlichen und kinderärztlichen Nachwuchses", spricht Gruber ein wichtiges Versorgungsthema an.
Immerhin kann die Kinderabteilung im Krankenhaus St. Johann auf eine glänzende Bilanz als Ausbildungsstätte verweisen. Wiederholt heimste die seit 10 Jahren akkreditierte Lehrabteilung der Medizinischen Universitäten Innsbruck und Wien für ihre hervorragende Ausbildung Bestnoten ein. Als mehrmaliger Sieger im Ausbildungsranking wurde sie zu einem Aushängeschild des Krankenhauses und begehrter Arbeitsplatz für junge Ärztinnen und Ärzte – als zukünftige Kinderärztinnen und Kinderärzte wie auch in der Allgemeinmedizin.
Ohne auf die Spekulationen der kolportierten Übersiedelungs- und Umbaukosten in vielfacher Millionenhöhe einzugehen, fordert Präsident Wechselberger eine Offenlegung der Fakten, Pläne und Konzepte. „Tirols Bevölkerung hat es verdient, dass die Zukunft der heimischen Spitäler und der medizinischen Versorgung transparent, unter Einbindung der Betroffenen und mit Berücksichtigung aller relevanten Versorgungsgrundsätze diskutiert und gestaltet wird", präzisiert Wechselberger den Standpunkt der Ärztekammer für Tirol.