ÖÄK-Wutscher: Umfassendes Maßnahmenpaket für flächendeckende Versorgung nötig

08.01.2024

Aus einer reinen Bewerberanzahl für die zusätzlichen 100 Kassenstellen allein lasse sich noch keine Verbesserung ableiten, betont die Österreichische Ärztekammer.

Die Meldung, wonach sich laut der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) 100 Allgemeinmediziner und 200 Fachärzte für die neu geschaffenen 100 Kassenstellen vorgemerkt hätten, sei grundsätzlich positiv. Aber sie sei noch kein Grund für eine umfassende Jubelmeldung, betont der Allgemeinmediziner Edgar Wutscher, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte der Österreichischen Ärztekammer: „Wir haben derzeit massive Versorgungsprobleme, unabhängig von den 100 zusätzlichen Kassenstellen sind nach wie vor fast 300 Stellen unbesetzt – und die lassen sich nicht durch die aktuellen Bewerbungen ignorieren“, betont er. Die Problematik sei eine tiefgreifende, die nur mit einem ganzen Maßnahmenpaket lösbar sei.

Aus der genannten Bewerberzahl allein ließe sich außerdem noch nicht beurteilen, wie zielgenau die Bewerbungen sind, ergänzt Dietmar Bayer, stellvertretender Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte: „Aus der bloßen Zahl lässt sich noch keine Verbesserung ableiten, denn wichtig ist beispielweise: Wie viele davon sind Allgemeinmediziner und in den Regionen, in denen gesucht wird, verfügbar? Wie viele davon sind Kinderärzte und Gynäkologen? Wie viele von ihnen erfüllen dann die geforderten Kriterien für eine Kassenarztstelle?“

Startbonus für alle

Positiv sei jedenfalls, dass für die 100 neu geschaffenen Kassenstellen ein Startbonus von bis zu 100.000 Euro geschaffen wurde, um die Erstausstattung der neuen Ordinationen zu unterstützen. Grundsätzlich müsse man sich jedoch überlegen, diesen Startbonus auf die derzeit offenen Kassenarztstellen auszubauen: „Diese finanzielle Hilfestellung unterstützt vielleicht dabei, bestehende offenen Stellen schneller zu besetzen“, sagt Wutscher. Dem pflichtet auch Bayer bei: „Eine Kassenstelle zu übernehmen ist immer auch mit Investitionen verbunden, die manche verunsichern oder auch abschrecken“, sagt er. Daher solle der Startbonus von bis zu 100.000 Euro für alle offenen Kassenstellen gelten, betonten Wutscher und Bayer.

Modernisierung der Leistungen

Um jedoch langfristig die öffentliche Versorgung zu sichern, müssten die Rahmenbedingungen endlich verbessert werden. „Der Startbonus ist ein gutes Zuckerl, aber das allein wird nicht reichen, um langfristige Änderungen zu bewirken“, sagt Wutscher. Es fehle immer noch der einheitliche Leistungskatalog, zudem müssten die Honorare leistungsgerechter werden: „Eine leistungsbezogene Honorierung ohne Limits und Degressionen wird das Kassensystem für viele Ärztinnen und Ärzte wieder interessanter machen – und zwar auch langfristig“, sagt Wutscher. Würden Limits und Degressionen konsequenterweise gestrichen werden, werde das den Kassenbereich aufwerten.

Ein weiterer Punkt sei die Lockerung der Regelungen bei ärztlichen Hausapotheken: „Wenn Ärztinnen und Ärzte selbst Medikamente abgeben dürften und mehr Hausapotheken erlaubt wären, dann wären das auch Maßnahmen, die helfen würden, die offenen Kassenstellen wieder zu besetzen“, ist Wutscher überzeugt: „Die öffentliche Gesundheitsversorgung muss gestärkt werden, um die flächendeckende Versorgung wieder herzustellen und offene Kassenstellen erfolgreich zu besetzen – und da benötigen wir ein ganzes Maßnahmenpaket, das langfristig Änderungen bewirkt“, appelliert er an die Politik.

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