Ärztemangel - BWB fordert Liberalisierung bei Hausapotheken

21.10.2019

Wettbewerbsbehörde empfiehlt Deregulierung - Hausärztemangel verschärft sich im nächsten Jahrzehnt - Hausapotheken "entscheidendes Instrument"

Wien (APA) - Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) legt dem Gesundheitssektor den Finger in die Wunde. Nach einer Branchenuntersuchung zur Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum kommt die Behörde zum Ergebnis, dass Wettbewerb, etwa bei Hausapotheken, im Kampf gegen den Hausärztemangel am Land helfen kann. "Wettbewerb kann ein Tool sein", sagte BWB-Generaldirektor Theodor Thanner im Gespräch mit der APA.

"Wir haben gesehen, dass es am Land in Zukunft durch den Ärztemangel ein großes Problem geben wird", so Thanner. "Man muss in Wahrheit den Beruf Landarzt attraktiver machen." Ein wesentlicher Punkt betrifft die Apotheken. "Wir haben gesehen, dass künstliche Monopole bei Apotheken die Gesundheitsversorgung stören", sagte der Behördenleiter mit Blick auf eine Kilometerregelung zu Mindestentfernungen im Apothekengesetz. Diese habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass von Kassenärzten im ländlichen Raum betriebene Hausapotheken verschwanden.

Die BWB erwartet, dass sich der Ärztemangel im nächsten Jahrzehnt verschärft. Von den rund 3.900 Allgemeinmedizinern werden in den nächsten zehn Jahren über 2.000 das Pensionsantrittsalter von 65 Jahren erreichen. Schon in den letzten Jahren seien vermehrt Anzeichen für eine partielle Verschlechterung der medizinischen Grundversorgung in ländlichen Regionen aufgetreten, so sei es schwer geworden, frei werdende Kassenplanstellen nachzubesetzen, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Im zweiten Quartal 2019 seien 94 Allgemeinmedizinerstellen und 59 Facharztstellen unbesetzt gewesen.

Die Wettbewerbsbehörde schlägt vor, den Apothekenmarkt zu liberalisieren, um Hausarztordinationen am Land attraktiver - und damit lukrativer - zu machen. Dabei stelle die ärztliche Hausapotheke "aus wettbewerblichen Gesichtspunkten ein entscheidendes Instrument" dar. Diese könnten "insbesondere im ländlichen Raum einen entscheidenden Beitrag zu einer möglichst flächendeckenden Gesundheitsversorgung der Bevölkerung leisten". Derzeit dürfen praktische Kassenärzte nur dann eine Hausapotheke betreiben, wenn es im Umkreis von vier bzw. sechs Straßenkilometern keine öffentliche Apotheke gibt. Eröffnet eine Apotheke in diesem Gebiet, muss der Hausarzt seine Apotheke binnen drei Jahren schließen. Die BWB fordert die ersatzlose Streichung dieser gesetzlichen Mindestentfernungen.

Insgesamt gibt es in Österreich derzeit 1.438 von Apothekern geführte Apotheken, davon 29 Filialapotheken und 37 Krankenhausapotheken ohne angeschlossene öffentliche Apotheken. Demgegenüber gibt es 794 von Kassenärzten geführte Hausapotheken. In Gemeinden bis 5.000 Einwohnern erfolgt die Medikamentenversorgung überwiegend durch Hausapotheken. In Gemeinden mit bis zu 1.000 Einwohnern betreiben 74 Prozent der Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag eine Hausapotheke, in Gemeinden von 1.000 bis 5.000 Einwohnern sind es 44 Prozent. 38 Prozent der österreichischen Gemeinden verfügen weder über eine Apotheke noch eine Hausapotheke. Rund 26 Prozent der Gemeinden verfügen über keinen Kassenarzt.

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