Tätigkeit von Turnusärzten

Bezeichnung der in Ausbildung stehenden Ärzte

Das Ärztegesetz verwendet den Überbegriff Turnusarzt für alle in Berufsausbildung stehenden Ärzte. Dieser Begriff unterscheidet nicht nach dem Fachgebiet der Ausbildung (Allgemeinmedizin/Sonderfächer).

Räumliche Einschränkungen

Die praktische Ärzteausbildung erfolgt nach dem Ärztegesetz ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen in als Ausbildungsstätten anerkannten Einrichtungen. Dafür kommen Krankenanstalten, Arbeitsmedizinische Zentren, Lehrpraxen und Lehrgruppenpraxen in Frage.

Ein Lehrpraktikant darf laut Ärztegesetz auch außerhalb der Lehrpraxis mitarbeiten, sofern es der Erreichung der Ausbildungsziele dient. Zu diesen Tätigkeiten zählen beispielsweise Hausbesuche oder Tätigkeiten, die der Lehrpraxisinhaber konsiliariter durchführt.

Organisatorische Einschränkungen

Zur eigenverantwortlichen Berufsausübung wird eine Person erst durch die Eintragung in die Ärzteliste als Facharzt eines Sonderfaches oder als Arzt für Allgemeinmedizin berechtigt.

Turnusärzte hingegen sind im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung lediglich zur unselbständigen Berufsausübung berechtigt, das bedeutet zur Berufsausübung unter Anleitung und Aufsicht durch ausbildende Ärzte. Das Maß der Anleitung und Aufsicht bestimmt sich nach den während der Ausbildung bereits erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten.

Es besteht somit ein bewegliches System nach dem Grundsatz: Das Niveau des Ausbildungsstandes bedingt die Höhe der Aufsichtsintensität. Der Fortschritt in der Ausbildung ermöglicht einen zunehmenden Loslösungsprozess von unmittelbarer Anleitung und Aufsicht hin zu einer loseren Form der Betreuung durch Ausbildner.

Aus den Regelungen des Ärztegesetzes wird von der Rechtslehre aber jedenfalls das Erfordernis der Anwesenheit des ausbildenden (Fach-)Arztes in der Ausbildungsstätte gefolgert, sodass der Turnusarzt erforderlichenfalls unverzüglich Rat oder die Übernahme der Behandlung durch den Ausbildungsarzt anfordern kann.

Sonderregelung für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste

Sofern krankenanstaltenrechtliche Organisationsvorschriften keine dauernde Anwesenheit eines Facharztes erfordern, können Turnusärzte vorübergehend auch ohne Aufsicht des ausbildungsverantwortlichen Facharztes tätig werden, sofern sie bereits hinreichend ausgebildet worden sind und sie bereits über die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen, die für ein vorübergehendes Tätigwerden ohne Aufsicht erforderlich sind.

Es ist daher für die Beurteilung, ob bereits eine fachliche Eignung des Turnusarztes für die Absolvierung eines Nachtdienstes gegeben ist, von einem flexiblen System auszugehen. Der konkrete Ausbildungsstand in Form von Kenntnissen und Fertigkeiten für ein Tätigwerden ohne Aufsicht ist entscheidend.

Für die peripheren Tiroler Krankenhäuser als Standardkrankenanstalten wird im Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienst eine sofortige notfallmedizinische Versorgung durch mindestens einen Facharzt (wahlweise der Sonderfächer Anästhesiologie und Intensivmedizin, Chirurgie, Unfallchirurgie oder Innere Medizin) vorgeschrieben. Bei Erfüllung dieser Voraussetzung kann in allen anderen Fächern der Krankenanstalt ein Turnusarzt im Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienst auch ohne Aufsicht eines Ausbildners tätig werden. In jedem Fall ist gleichzeitig eine Facharzt-Rufbereitschaft einzurichten.

Abteilungsübergreifende Tätigkeit (Pooling) im Nachtdienst

Im Zuge der mit 1.1.2015 in Kraft getretenen Ärztegesetznovelle wurde die Möglichkeit einer abteilungs- bzw. organisationsübergreifenden Tätigkeit von Turnusärzten (Pooling) mit definierten Rahmenbedingungen geschaffen.

Für den gleichzeitigen Einsatz eines Turnusarztes auf zwei oder mehreren Abteilungen (Pooling) gelten folgende Kriterien:

  • nur außerhalb der Kernarbeitszeit (nach 16 Uhr)
  • nur im Rahmen der Fertigkeiten der Basisausbildung
  • kein Einsatz auf einer abteilungsfremden Ambulanz (nur Station)
  • zu jedem Zeitpunkt Anwesenheit eines fachlich verantwortlichen Arztes am jeweiligen Standort der Krankenanstalt erforderlich
  • Beschränkung der pro Turnusarzt zu betreuenden Bettenzahl (maximal 60 Betten beim Einsatz auf zwei Abteilungen sowie maximal 45 Betten auf drei Abteilungen)

Anzahl der zu absolvierenden Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste

Sofern fachlich erforderlich und arbeitsrechtlich zulässig, ist zumindest 1 fachbezogener Nacht-, Wochenend- oder Feiertagsdienst pro Monat in einem Durchrechnungszeitraum von 3 Monaten zu leisten. Dies gilt auch für eine Teilzeit-Ausbildung, wobei sich hier die Anzahl der Dienste und der Durchrechnungszeitraum aliquot verlängert.

Inhaltliche Einschränkungen

Der Turnusarzt ist ebenso wie der zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Arzt zur Ausübung der Medizin berufen. Es steht ihm daher - sofern keine gesetzlichen Ausnahmen vorgesehen sind - das umfassende Spektrum der in § 2 Abs. 2 und 3 ÄrzteG angeführten Tätigkeiten offen.

Grundsätzlich beschreibt das Ärztegesetz den möglichen Tätigkeitsbereich sehr weitreichend und aufgrund der Formulierung nicht abschließend. So werden u.a. "insbesondere" die Untersuchung auf Vorliegen von Krankheiten bzw. Störungen, die Verwendung medizinisch diagnostischer Hilfsmittel, die Behandlung sowie Vornahme operativer Eingriffe, die Vorbeugung von Erkrankungen, die Geburtshilfe, die Verordnung von Heilmitteln und die Vornahme von Leichenöffnungen genannt. Dies steht im Einklang damit, dass die umfassenden Ausbildungsinhalte für eine künftige selbständige Berufsausübung erlernt werden sollen.

Der Turnusarzt kann auch die Anordnungsverantwortung im mitverantwortlichen Tätigkeitsbereich mit diplomiertem Krankenpflegepersonal (§ 15 Gesundheits- und KrankenpflegeG) übernehmen. Voraussetzung ist ein entsprechender Kenntnisstand betreffend die konkrete Aufgabenstellung.

Die Führung des Aufklärungsgespräches (zB vor einer Operation) kann ebenfalls durch einen Turnusarzt erfolgen, wenn dem Patienten die Möglichkeit der Beiziehung eines Facharztes – etwa für den Fall noch offener Fragen – aufgezeigt wird. Grundlage ist stets die Bejahung eines entsprechenden Ausbildungsstandes durch den Ausbildner.

Auch zur Durchführung ästhetischer Behandlungen und Operationen sind Turnus- bzw. Assistenzärzte im Zusammenhang mit ihrer Ausbildung berechtigt (§ 4 Abs 4 ÄsthOpG).

Vereinzelt ergibt sich über gesetzliche Bestimmungen ein Ausschluss der Durchführung durch einen Arzt in Ausbildung unabhängig vom Ausbildungsstand. So ist eine Delegation der Aufnahmeuntersuchung nach dem Unterbringungsgesetz (UbG) an Ärzte in Ausbildung im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung der Facharztqualifikation (§ 10 UbG) unzulässig, dies selbst wenn der Turnusarzt unter fachärztlicher Anleitung und Aufsicht handelt oder das erforderliche fachärztliche Personal fehlt (OGH, 7Ob 237/11w).

Da auch die Ausstellung ärztlicher Zeugnisse und die Erstattung von Gutachten nach § 2 Abs. 3 ÄrzteG den zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Ärzten vorbehalten ist, sind Turnusärzte berufsrechtlich zu keiner selbständigen gutachterlichen Tätigkeit berechtigt und darf von ihnen zB auch keine eigenverantwortlichen Aussagen über den Grad der Beeinträchtigung durch Alkohol oder Drogen im Rahmen von Alkohol- und Drogenuntersuchungen nach der StVO getroffen werden.

Dienstrechtliche Einschränkungen

Einsatzbereiche und Aufgabengebiete können auch über Vorgaben des Dienstgebers geregelt bzw. mitbestimmt werden. Die Träger der Ausbildungsstätten haben in ihren Einrichtungen aber für die bestqualifizierende Ausbildung des Turnusarztes in kürzestmöglicher Zeit zu sorgen (§ 11 Abs. 1 ÄrzteG). Dies bedingt einen jedenfalls so umfassenden Aufgaben- und Einsatzbereich, dass die in den Rasterzeugnissen für das jeweilige Ausbildungsfach festgelegten Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten - tunlichst in der vorgesehenen Ausbildungszeit - erlangt werden können.

Der Träger der Ausbildungsstätte hat dem Turnusarzt nach der Basisausbildung zu Beginn der weiteren praktischen Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt einen Ausbildungsplan für die gesamte Ausbildung vorzulegen. Dieser Ausbildungsplan, in dem der voraussichtliche zeitliche und organisatorische Ablauf der Ausbildung festgelegt ist, soll dem Turnusarzt aber auch dem Träger der Ausbildungsstätte von Anfang an einen besseren Überblick und eine bessere Planbarkeit der Ausbildung ermöglichen.

Sämtliche Abschnitte der Ausbildung nach der ÄAO 2015 können auch in Teilzeit absolviert werden, wobei sich die Gesamtdauer der Ausbildung aliquot verlängert. Eine Teilzeitbeschäftigung muss mindestens 12 Wochenstunden betragen (in Lehrpraxen 15 Stunden, in Lehrambulatorien 17,5 Stunden).